Verhandeln ist etwas, das wir alle jeden Tag tun – oft, ohne es überhaupt zu merken! Egal, ob du mit einem potenziellen Arbeitgeber über dein Gehalt sprichst oder auf dem Flohmarkt feilschst: Die Fähigkeit, effektiv zu verhandeln, kann dein Privat- und Berufsleben buchstäblich verändern. Laut einer aktuellen Studie des Harvard Negotiation Project verdienen geschickte Verhandler*innen im Laufe ihrer Karriere durchschnittlich 7 % mehr als diejenigen, die nicht verhandeln.
Grundlagen der Verhandlung: Was steckt dahinter?
Viele Leute denken, Verhandeln bedeutet einfach, um Preise zu feilschen – aber es ist so viel mehr als das. Im Kern ist jede Interaktion, bei der zwei oder mehr Parteien mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Wünschen versuchen, eine Einigung zu erzielen, eine Verhandlung. Es geht also nicht nur um Business-Deals – wir verhandeln ständig: mit unserem Partner, was es zu essen gibt, mit den Kids über die Bildschirmzeit oder mit Kolleg*innen über Projektaufgaben.
"Ich dachte früher, Verhandeln sei von Natur aus konfrontativ," erzählt die Verhandlungsexpertin Maria Chen. "Aber das lag daran, dass ich im positionsbasierten Feilschen feststeckte – also jeder bleibt stur bei seiner Forderung, statt auf die Interessen dahinter zu schauen."
Das Prinzip der interessenbasierten Verhandlung, bekannt aus dem Klassiker „Das Harvard-Konzept“, dreht diesen Ansatz um. Anstatt auf Positionen wie „Ich will 10 % mehr Gehalt“ zu beharren, gehst du den Interessen nach: „Ich will mich wertgeschätzt fühlen und mit den steigenden Lebenshaltungskosten mithalten.“ So entstehen oft kreativere und für beide Seiten bessere Lösungen.
Ein Konzept, das meine eigene Verhandlungsführung komplett verändert hat, ist BATNA – dein „Best Alternative To a Negotiated Agreement“ oder auf Deutsch: deine beste Alternative, falls es keine Einigung gibt. Je stärker deine BATNA, desto mehr Macht hast du. Wie Coach Sam Torres sagt: „Wenn du weißt, dass du auch gehen könntest und es dir trotzdem gut geht, bekommst du enormen Verhandlungsspielraum.“
- Verhandlungen gibt es im Alltag überall, nicht nur im Business
- Interessenbasierte Verhandlung fragt nach dem „Warum“ und nicht nur nach dem „Was“
- Deine BATNA entscheidet über deine Macht – mehr als jede Taktik
- Verschiedene Verhandlungsstile (kompetitiv, kollaborativ, kompromissbereit, ausweichend, anpassend) passen zu unterschiedlichen Situationen
- Psycho-Logik wie Reziprozität oder Verlustangst beeinflussen das Ergebnis stärker, als du denkst
So bereitest du dich erfolgreich auf Verhandlungen vor
Ein Gamechanger für mich: Die Verhandlung beginnt nicht erst am Tisch, sondern schon Tage oder Wochen vorher – mit guter Vorbereitung. Ohne Hausaufgaben verhandelst du im Blindflug.
"Die besten Verhandler*innen, die ich kenne, verbringen dreimal so viel Zeit mit der Vorbereitung wie mit der eigentlichen Verhandlung," erklärt Ex-FBI-Verhandler Chris Voss. "Die meisten Menschen improvisieren einfach – und wundern sich dann, warum sie verlieren."
Fang an zu recherchieren! Wenn du mit einer Firma verhandelst, informiere dich über deren Herausforderungen, Erfolge, Prioritäten. Bei Einzelpersonen: Welche Kommunikationsstile, Standpunkte und Motivationen prägen sie? Dieses Wissen liefert dir Hebel für die Verhandlung.
Werde dann glasklar, was du willst. Erstelle drei Listen: deine Ziele (was möchtest du erreichen), deine Prioritäten (was ist dir wie wichtig) und deine No-Gos (wo kannst du keinesfalls nachgeben). Diese Klarheit schützt dich davor, dich im Gespräch zu verlieren.
Bestimme unbedingt deinen Ausstiegspunkt. "Viele Verhandlungen scheitern, weil Leute nicht wissen, wann sie gehen sollten," sagt Business-Strategin Mika Suzuki. "Wenn man emotional an einem Deal hängt, wird man schnell blind." Dein Ausstiegspunkt basiert auf harten Fakten und deiner BATNA – nicht auf Bauchgefühl.
- Erstelle ein kleines Dossier über die Gegenseite – ihre Zwänge, jüngste Erfolge/Misserfolge, Entscheidungsprozesse
- Definiere vorab dein ideales Ergebnis, dein akzeptables Ergebnis und deinen Ausstiegspunkt
- Überlege dir mindestens drei mögliche Einwände der Gegenseite und lege Antworten zurecht
- Erarbeite mehrere Vorschläge, wie du deine Kerninteressen erreichen könntest
- Übe deinen Einstieg mit jemandem, um selbstbewusst rüberzukommen
Verhandlungstechniken, die wirklich funktionieren
Die Tricks, die Profis von Amateuren unterscheiden, sind meist gar nicht kompliziert – sondern werden einfach immer konsequent angewendet. Zum Beispiel Fragen: Offene Fragen wie „Was sind Ihre Hauptbedenken bei diesem Vorschlag?“ bringen viel mehr als geschlossene wie „Gefällt Ihnen dieser Vorschlag?“
"Wer die Fragen stellt, steuert das Gespräch," sagt Verhandlungstrainer Dr. Jordan Reeves. "Aber die meisten denken nur an ihr eigenes Argument, statt kluge Fragen zu stellen."
Aktives Zuhören klingt simpel, ist aber selten. Es bedeutet, wirklich zuzuhören, die Punkte der Gegenseite zu spiegeln und erst dann zu reagieren. Das baut riesiges Vertrauen auf – und du erfährst oft Dinge, die der andere gar nicht preisgeben wollte.
Wenn es um Angebote geht, zählt das Timing. Machst du das erste Angebot, setzt du den Anker für alle weiteren Diskussionen. Bist du dir beim Rahmen unsicher, lass die Gegenseite zuerst kommen und sammle so wichtige Infos.
Eine oft unterschätzte Technik ist einfach: Nach einem Angebot oder Vorschlag zu schweigen. "Das ‚unangenehme Schweigen‘ erzeugt Druck – meist fühlt sich die Gegenseite gezwungen, nachzugeben oder weiterzureden," erklärt Coach Taylor Williams. "Erstaunlich, wie oft Menschen ihre Position durch Reden schwächen."
- Nutze die „Was wäre wenn“-Technik, um Szenarien ohne Festlegung zu testen
- Meistere taktische Empathie: Sprich die Position der Gegenseite aus („Es scheint, als ob Sie sich Sorgen machen, dass…“)
- „Wie“- oder „Was“-Fragen bringen Infos ohne Widerstand zu provozieren
- Arbeite mit Bracketing – mache Gegenangebote als Range um dein Wunschziel
- Löse Blockaden, indem du die Verhandlungsparameter (Zeitpunkt, Umfang, Teilnehmer etc.) veränderst
Kommunikation für überzeugende Verhandlungen
Wie du in der Verhandlung kommunizierst, ist oft wichtiger als der eigentliche Inhalt deiner Vorschläge. Körpersprache, Tonfall und Wortwahl entscheiden, ob du glaubwürdig wirkst – oder nicht.
"Ich habe unzählige Verhandlungen erlebt, bei denen die Seite mit dem besseren Angebot es so schwach präsentiert hat, dass sie nie durchkam," sagt Kommunikationsexpertin Dr. Layla Rahman. "Selbstbewusstsein spiegelt sich in Haltung, Blickkontakt und ruhiger Stimme."
Beim Vorstellen von Vorschlägen macht das Framing den Unterschied. Das identische Angebot kann als Vermeidung eines Verlusts oder als Gewinn präsentiert werden. Studien zeigen: Menschen reagieren stärker auf Verlustvermeidung. Also statt „Sie sparen 20 %“, sag lieber: „So vermeiden Sie, 20 % zu viel zu bezahlen.“
Rasche Beziehungsebene aufbauen ist ebenfalls zentral. Gemeinsame Nenner finden, Kommunikationsstil der Gegenseite spiegeln und deren Kompetenz anerkennen – das schafft Vertrauen. "Leute verhandeln lieber mit denen, die sie mögen und respektieren," sagt Wirtschaftspsychologe Marcus Chen.
Mit schwierigen Charakteren brauchst du spezielle Strategien. Bei aggressiven Verhandler*innen hilft, das Verhalten wertfrei zu benennen („Ich merke, Sie werden lauter“), um die Lage zu entspannen. Bei Unentschlossenen bringen weniger Optionen und klare Entscheidungskriterien Fortschritt.
- Pass deinen Kommunikationsstil dem Ziel an: Tiefe, ruhige Stimme für Glaubwürdigkeit; lebhafter Ton für Begeisterung
- Setz die „späte Nacht-Radio-Stimme“ ein – langsam, ruhig, betont – für wichtige Punkte
- Formuliere Angebote als „Wir“-Lösungen, nicht als Gegeneinander
- Reagiere auf Widerstand mit Neugier statt Abwehrhaltung
- Beachte kulturelle Unterschiede: Direktheit, Blickkontakt, Distanz, Formalität
Fazit
Verhandeln ist eine echte Kunst – ein Mix aus Vorbereitung, Psychologie und Kommunikation. Wenn du die hier vorgestellten Strategien – von kluger Vorbereitung bis zu smarter Kommunikation – anwendest, bist du für jede Verhandlung bestens gerüstet. Denk immer daran: Die besten Verhandler*innen sind nicht die, die „um jeden Preis gewinnen“, sondern die, die kreative Lösungen für alle finden!